Wachstum auf Zyklen | Ein Zitat von Marion Woodman zum Thema “Heilung”
In diesen Tagen beschäftigt mich das Gefühl und der Gedanke wie schwierig es ist sich psychospirituell weiter zu entwickeln. Ich beobachte eine Kultur, in welcher Heilung romantisiert und mit Self-Care gleichgesetzt wird. Auch wenn die Selbstfürsorge zu einem Heilungsprozess beitragen kann, ist sie nicht immer für jeden das Richtige. Dazu kommt, dass sie für jeden von uns anders aussieht. Der eine braucht die Ruhe, die andere braucht den Ausdauersport um für sich selbst gesorgt zu haben.
So befinden wir uns alle auf einem eigenen Weg. Wir befinden uns alle einzeln auf einer eigenen Wachstumsspirale, die manchmal gefühlt rückwärts verläuft, auch wenn wir uns eigentlich vorwärts bewegen und umgekehrt. Es ist kompliziert. Daher möchte ich eine Passage aus Marion Woodman’s Buch “The Pregnant Virgin. A Process of Psychological Transformation” (1985, S. 148) zitieren, da hier ausgedrückt wird wie es sich am realistischsten anfühlt:
„Trapped in a [..] vision, people sometimes despair of ever changing the archetypal pattern in which they are caught. ‚What is the purpose of analysis?‘ they ask. ‚It just leads me into a deeper recognition of what is happening-the horror of living out my fate.‘ They see themselves going around the same circle-a different situation, but the same dynamic, a dynamic they consciously tried to avoid.
Closer discernment, however, helps them to realize they are not in the same place, but on a new rung of a spiral. Perhaps they are not so identified with the despair as they were last time - nor the fear, nor the pain, nor the abandonment. Perhaps they are more objective, allowing the grief and rage to flow through them without being swept away by either. Their ego may no longer be so inundated by archetypal energy, no longer in such danger of acting out the archetypal pattern.
Certainly, there is a death going on, a sacrifice, which must be perceived as sacrifice and treated as such or it can turn into annihilation. Part of what has to be sacrificed is the archetypal identification. That is the very thing people do not want to give up-the idealization, the obsession, the perfection of joy, even the perfection of suffering.“
Anm.: Im Originalzitat bezieht sich Marion Woodman auf die romantische Paarbeziehung, wobei ich behaupten würde, dass sich das Gefühl der Gefangenheit auf jede Art der zwischenmenschlichen Beziehung beziehen kann, die auf “falschen” Vorstellungen voneinander (Projektionen) beruht.
Dt. Übersetzung (Freihand):
“In einer bestimmten Vorstellung gefangen, verzweifeln die Menschen manchmal an der Frage nach der Möglichkeit zur Änderung der archetypischen Muster, die sie gefangen halten. ‘Wozu die Analyse?’ fragen sie. ‘Es führt mich nur zur tieferen Erkenntnis was passiert-der Horror mein eigenes Schicksal ausleben zu müssen.’ Sie sehen sich selbst im Kreis drehen-eine andere Situation, aber dieselbe Dynamik, eine Dynamik, die sie bewusst zu vermeiden versuchten.
Eine schärfere Wahrnehmung hilft ihnen jedoch zu erkennen, dass sie sich nicht am selben Platz befinden, sondern auf einer neuen Stufe der Spirale. Vielleicht identifizieren sie sich nicht mehr so sehr mit ihrer Verzweiflung wie beim letzten Mal-noch mit der Angst, noch mit dem Schmerz, noch mit der Ablehnung. Vielleicht sind sie nun ein wenig objektiver, erlauben der Trauer und der Wut durch sie hindurch zu fließen, als von ihr weg gespült zu werden. Ihr Ego ist vielleicht nicht mehr so überflutet von der archetypischen Energie, nicht mehr in Gefahr das archetypische Muster ausleben zu müssen.
Ein Sterben geschieht hier, ein Opfer, das als Opfer betrachtet und auch als solches behandelt werden muss, wenn es sich nicht in Form einer Zerstörung zeigen soll. Was zum Teil geopfert werden muss ist die archetypische Identifizierung. Das ist genau dasjenige, das Menschen nicht aufzugeben vermögen-die Idealisierung, die Besessenheit, die Perfektion des Genusses, sogar die Perfektion des Leidens.”
Foto erstellt via Landing Space